Jetzt ist Kirschenzeit. Hier im Burgenland, nahe Eisenstadt, gibt es den wunderschönen Kirschblüten-Radweg, die Bäume blüh(t)en prächtig (die eigentliche Kirschblüte ist schon vorüber) und auch auf den Märkten erhält man allerorts die leckeren Früchte aus der Familie der Rosengewächse.
Nun mag aber etwas die Freude des Kirschenessens trüben, nämlich die Würmer, die sich nur allzu gern in den Kirschen einnisten …
Und genau diese Würmer sind es auch, die eine Kirsche im Judentum zum verbotenen Lebensmittel machen (Update, 13.06.2011: so sie nicht aufgemacht und untersucht werden, siehe Kommentare). Mit anderen Worten: Kirschen gelten nur so lange als rituell in Ordnung und im weiteren Sinn als koscher, solange sie wurmfrei sind (Mit Ausnahme von vier Heuschreckenarten sind alle Reptilien, Amphibien, Würmer und Insekten unreine Tiere)!
Ein sehr schöner Merksatz hat sich mir dabei gut eingeprägt:
Kirschen bis Korach
„Korach“ (4. Buch Mose – Numeri – 16,1-18,32) ist jener Leseabschnitt der Tora (Parascha), der heuer am Schabbat, dem 25. Juni, also in knapp 2 Wochen, gelesen wird! Bis zu diesem Datum also dürfen Sie noch gefahrlos Kirschen genießen, danach müssten Sie die Kirschen schon genau untersuchen, um zu klären, ob es sich Würmer in ihnen wohnlich gemacht haben ;)
Ob der Spruch „Kirschen bis Korach“ in der jüdischen Gemeinde Eisenstadt früher auch bekannt war, vermag ich nicht zu beurteilen, die Würmer in den Kirschen waren jedenfalls sehr wohl schon ein Thema kurz nach Schavu’ot:
Bald nach Schowuoth ist das Schuljahr zu Ende: die Gasse wird leerer, denn die Kinder vom Lande fahren nach Hause. Noch eine Pflicht haben sie sozusagen zu erfüllen: den ersten Wurm in den Kirschen zu suchen und zu finden. Wer die erste wurmige Kirsche zum Rabbiner bringt, erhält vom Tempelvorsteher 10 kr. ausbezahlt; in der Gasse aber wird verrufen, dass unaufgemachte Kirschen von nun an „osser wie cahser“ (verboten wie Schweinefleisch) sind […]
Fürst A., Sitten und Gebräuche einer Judengasse, Székesfehérvar 1908
PS: Heißt es im Judentum „Kirschen bis Korach“, so hört man – zumindest in unserer Region – oft den Spruch: „Die Maikirschen (also die ersten Kirschen) haben keine Würmer“.