Personenregister jüdischer Friedhof Währing
Charlotte (Frumet) Schey von Koromla, geb. Landauer, 25. Adar 602 (= Sonntag, 06. März 1842)
Vorderseite: Die deutsche Grabinschrift
[1] Hier ruhet | |
[2] die Hülle der seligen Frau | |
[3] Charlotte Schey | |
[4] geboren den 4. September 1820 | |
[5] gestorben den 6. März 1842 | |
[6] Aus den Armen ihres Gatten | |
[7] Rief ins dunkle Reich der Schatten | |
[8] Zeitlich sie der Himmel ab, | |
[9] Und des Gatten zärtlich Sehnen | |
[10] Und der Freunde heiße Thränen | |
[11] folgen ihr ins Frühe Grab. | |
[12] Inniglich und immer fester | |
[13] Schlang sie um das Kind der Schwester | |
[14] Treuer Liebe zärtlich Band. | |
[15] Wie sie mild ist heimgegangen, | |
[16] Wird sie Gottes Lohn empfangen | |
[17] In der Seelen Heimatland. |
Rückseite: Die hebräische Grabinschrift
[1] H(ier ist) g(eborgen) | פ“ט |
[2] die gepriesene, die rechtschaffene und die teure Frau, | האשה המפוארה הישרה והיקרה |
[3] die tapfere Frau, die Kone ihres Mannes, Frau | אשת חיל עטרת בעלה מרת |
[4] Frumet Schey, | פרומט שייא |
[5] Tochter des Vorstehers, des Einlussreichen, d(es ehrbaren) H(errn) Josef Landau, a(uf ihm sei der) F(rieden), | בת האלוף הקצין כ“ה יוסף לאנדוי ע“ה |
[6] Ehefrau des Vorstehers, des Einflussreichen, des Toragelehrten, | אשת האלוף הקצין התורני |
[7] d(es ehrbaren) Herrn) Simon Schey, s(ein Licht) m(öge leuchten). | כ“ה שמעון שייא נ“י |
[8] Sie verstarb in der Mitte ihrer Tage am Montag, 25. Adar | נפטרת בדמי ימיה ביום ב כה אדר |
[9] und wurde begraben am Mittwoch, 27. daselbst | ונקברת ביום ד כ“ז בו |
[10] des Jahres 602 n(ach der) k(leinen) Z(eitrechnung). | שנת תרב לפק |
[11] I(hre Seele) m(öge eingebunden sein) i(m Bund) d(es Lebens). | תנצבה |
Anmerkungen
Hebräische Inschrift, Zeile 3: Sprüche 12,4 אשת חיל עטרת בעלה.
Hebräische Inschrift, Zeile 5: Der Segenswunsch „auf ihm sei der Frieden“ ist falsch, der Vater Joseph Landauer war zum Zeitpunkt des Ablebens seiner Tochter noch am Leben, er stirbt 1855 (s.u.). Es müsste also wie beim Ehemann (s.u.) „sein Licht möge leuchten“ heißen.
Hebräische Inschrift, Zeile 6: Der Segenswunsch „Sein Licht möge leuchten“ steht, weil der Εhemann beim Ableben seiner Frau noch am Leben war. Siehe unten, Friedrich Schey Freiherr von Kormla starb am 15. Juli 1881.
Hebräische Inschrift, Zeile 7: Vgl. Jesaja 38,10 „…In der Mitte meiner Tage (muss ich hinab zu den Pforten der Unterwelt)…“ …בדמי ימי….
Biografische Notizen
Charlotte (Frumet) Schey von Koromla, geb. Landauer, 04. September 1820 in Wien, 2. Ehefrau von Friedrich (Simon) Schey, s.u., gest. 25. Adar 602 = Sonntag, 06. März 1842 um 18 Uhr (also schon am 25. Adar) an Typhus in Wien, Leopoldstadt, Nr. 10, begraben Dienstag („Mittwoch“ in der hebräischen Grabinschrift ist falsch), 8. März 1842 um 09 Uhr am jüdischen Friedhof Währing, Leichenzeichen, lt. Gräberbuch alte Nr.: 414, neu: Gruppe 2, Nr. 76.
Kind ohne Namen (ihrer Schwester Emilia, der ersten Ehefrau von Friedrich Schey, s.u.), geb. ca. Dezember 1841/Jänner 1842, gest. 06. März 1842 um 21 Uhr an Leberschwäche in Wien, Leopoldstadt, Nr. 10, begraben am jüdischen Friedhof Währing im selben Grab wie Charlotte Schey.
Vater: Joseph Landauer, geb. 20. Juli 1793 in Wien, Gesellschafter der k.k. priv. Großhandlungen „Mayer & Landauer“ und „Joseph Landauer“ in Wien, gest. 10. September 1855 an der Cholera in Weikersdorf bei Baden, begraben am jüdischen Friedhof Währing
Mutter: Rosalia Bauer, geb. 26. Jänner 1796 in Pest (Ungarn), Tochter des Salomon Bauer (Großhändler in Pest) und der Cäcilie (Bauer), gest. 12. Mai 1864 in Wien, begraben am jüdischen Friedhof Währing. Das Ehepaar hatte 15 Kinder, 3 Töchter, Emilia, Charlotte und Hermine, sind in unserem Zusammenhang besonders wichtig, s.u.
Der Vater von Joseph Landauer war Isak Gabriel Landauer, protokollierter Handelsmann, dann Gesellschafter der k.k. priv. Großhandlung N. Mayer & G. Landauer in Wien, geb. ca. 1760 in Bingen am Rhein, gest. 21. Februar 1826 in Wien, begraben am jüdischen Friedhof Währing. Die Mutter war Julie Goldschmidt (auch Hamel), geb. ca. 1769 in Eisenstadt, gest. 09. Februar 1841 in Wien, begraben am jüdischen Friedhof Währing. Julie Goldschmidt war die Tochter des am 13. Februar 1769 in Eisenstadt verstorbenen und am älteren jüdischen Friedhof begrabenen Josef Frankfurt ben Isak ha-Levi Hamel (Joseph Goldschmidt) aus Frankfurt am Main und der am 09. April 1818 in Wien verstorbenen Sara (Serche) Leidesdorf, Tochter des in Eisenstadt verstorbenen und am älteren jüdischen Friedhof begrabenen Abraham (Aberl ben Meir) Leidesdorf (gest. 07. Jänner 1772) und der Sara (Rechli, Tochter Zvi Hirsch) Leidesdorf, gest. 22. Dezember 1767 in Eisenstadt und auch am älteren jüdischen Friedhof in Eisenstadt begraben.
Mit anderen Worten: Auf dem älteren jüdischen Friedhof von Eisenstadt finden wir die Gräber des Urgroßvaters sowie der Ururgroßeltern von Charlotte (Frumet) Landauer.
Ehemann von Charlotte (Frumet) Landauer: Friedrich (Simon) Schey, nachmalig Freiherr von Koromla, geb. 05. März 1815 in Güns (Kőszeg, Ungarn), Sohn des Joseph Schey und der Mathilde Steiner, gest. 15. Juli 1881 in Wien, begraben am Zentralfriedhof Wien.
Friedrich Schey war österreichischer Bankier, Großgrundbesitzer und Mäzen und in den 1860er und 1870er Jahren eine der einflussreichsten Personen.
1859 wurde Friedrich Schey gemeinsam mit seinem Onkel, Philipp Schey unter dem Ehrenwort „Edler“ sowie dem Prädikat „von Koromla“ geadelt. Baron Philipp Schey, geb. 1798, gest. 26. Juli 1881, begraben auf dem jüdischen Friedhof Lackenbach.
1. Ehefrau von Friedrich Schey: Emilia Landauer, (Schwester von Charlotte Landauer), geb. 25. April 1817 in Wien, gest. 19. Mai 1840 in Wien, begraben am jüdischen Friedhof Währing (Gräberbuch s.o.), geh. 26. Mai 1839 in Meidling bei Wien
2. Ehefrau von Friedrich Schey: Charlotte (Frumet) Landauer, s.o., geh. 15. Juni 1841 in Wien
Nach dem Tod von Charlotte (Frumet) Schey, geb. Landauer, heiratete Friedrich Schey ein drittes Mal, und zwar in Triest wiederum eine Tochter von Joseph Landauer und damit Schwester von Charlotte (und Emilia), Hermine Landauer, geb. 1822 in Wien, gest. 26. April 1904 in Wien.
Die ausführliche Genealogie in: Georg Gaugusch, Wer einmal war. Das jüdische Großbürgertum Wiens, 1800-1938, Band II, L-R, Wien 2016, 1719ff
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