Literaturwissenschaftliche Fachtagung
Pädagogische Hochschule Burgenland in Kooperation mit dem Österreichischen Jüdischen Museum Eisenstadt
Termin: 12. 11. 2020 von 9.00 – 17.00 Uhr
Onlinetagung: Meeting-Registrierung (Zoom).
Paul Celan wurde am 23. 11. 1920 in Czernowitz geboren und starb (vermutlich) am 20. 4. 1970 in Paris. Somit jährt sich 2020 sein Geburtstag zum 100. und sein Todestag zum 50. Mal. Als Sohn deutschsprachiger jüdischer Eltern wurde er im Nationalsozialismus in einem Arbeitslager festgehalten und später, als er ins jüdische Ghetto Czernowitz zurückkehrte, zu Zwangsarbeit im Straßenbau verpflichtet. Seine Todesfuge zählt zu den zentralen Werken der Lyrik des 20. Jahrhunderts.
Diese Fachtagung widmet sich dem aktuellen literaturwissenschaftlichen Forschungsstand zu Paul Celan.
Begrüßung:
- Vizerektorin HS.-Prof. Mag. Inge Strobl-Zuchtriegel, MAS MSc, PH Burgenland
- MMMag. Dr. Christopher Meiller, Jüdisches Museum Eisenstadt
- Moderation: HS-Prof. Mag. Dr. Eva Maltrovsky, Prof. Mag. Dr. Martin Hainz und MMag. Dr. Lukas Pallitsch
9.10 – 10.10 Uhr: Prof. em. Dr. Leonard M. Olschner, Queen Mary University of London: Celan lesen, Celan denken. Fünf Thesen zur vorläufigen Lektüre.
Bei diesem Referat geht es um das Thematisieren der Schwierigkeiten bei der Lektüre von Celans Lyrik und das Erkennen von möglichen Textzugängen zur Lektüre.
10.10 – 10.30 Uhr: Kaffeepause
10.30 – 11.30 Uhr: Dr. habil. Christine Ivanovic, Universität Wien: Eine Art Heimkehr.
Celans „Meridian“ beschreibt eine Kreisbewegung, die im Durchgang durch das Fremde in sich selbst zurückkehrt. Diese Figur der Heimkehr soll im Kontext der Philosophiegeschichte von Aristoteles über Hegel bis Lacoue-Labarthe evaluiert und an einzelnen Gedichtbeispielen aus dem Werk Celans belegt werden.
11.30 – 12.30 Uhr: Univ.-Doz. Mag. Dr. Artur R. Boelderl, Universität Klagenfurt: „Alles ist mehr, als es ist“ – Musil und Celan.
Der Vortrag folgt den Spuren des poetischen „Übermaßes der Innigkeit“ (Hölderlin), dem Umstand also, dass „alles, was ist, im Übermaß ist“ (Bataille), zu jenem „Nullpunkt der Literatur“ (Barthes), an dem das Sein und die Zeichen konvergieren, und legt das Augenmerk darauf, wie diese Konvergenz im sonst sehr heterogenen literarischen Schaffen Musils („Alle unsere Erlebnisse sind mehr, als wir erleben“) und Celans („Alles ist mehr, als es ist, alles ist weniger“) zum Tragen kommt.
12.30 – 14.00 Uhr: Mittagspause
14.00 – 15.00 Uhr: Prof. Dr. Dr. h.c. Andrei Corbea-Hoisie, Al. I. Cuza-Universität, Iasi (Rumänien): Um Celans „rumänische Büffel“. Nochmals über die Entstehung des Gedichtes Coagula.
Eine Reflexion zum Verhältnis des Dichters zu seiner geistigen Umgebung und intellektuellen Ausbildung. Gegenüberstellung Celan’scher Äußerungen mit der dichterischen Verwertung des Konzepts „Mitteleuropa“ in den 80 Jahren. Eine ideengeschichtliche Analyse.
Moderation: Lukas Pallitsch
15.00 – 16.00 Uhr: Prof. Dr. Markus May, Ludwig-Maximilians-Universität München: Rot- und Judenwelsch. Zu Paul Celans Gedicht „Eine Gauner- und Ganovenweise“.
Mit dem Gedicht „Eine Gauner- und Ganovenweise“ aus Paul Celans Band „Die Niemandsrose“ setzt sich der Autor mit den Mitteln extremer Polyphonie gegen die Plagiatsvorwürfe der Witwe Goll zur Wehr. Die Analyse der Sprachgestalt offenbart das Muster einer spezifischen Approbation, das heteronome Stereotypen subversiv umzudenken und im Sinne einer Selbstzuschreibung umzucodieren in der Lage ist.
16.00 – 17.00 Uhr: Prof. Mag. Dr. Martin A. Hainz, PH Burgenland: „Keinmaleins“. Hoffentlich dialogische close readings zu und mit Paul Celan.
Worte sind zu lesen, um sie wieder in Funktion zu setzen: diese „Alarmsignale“ nämlich. „»Schreiben« heißt nichts anderes als sie in Funktion setzen.“ (W. Benjamin)
Dies ist das im Vortrag zu rekonstruierende Anliegen Celans, der unermüdlich als Leser Wörter und Worte so setzte, dass sie wieder etwas genau zeigten, das zuvor nur mehr metaphorisch war, und zwar genau in dem Sinne, dass die Uneigentlichkeit, die freilich unhintergehbar ist, ihnen wieder abzulesen war, aber auch, wie sie zu dem, was es eigentlich zu sagen geben möge, jedenfalls stehen.
Abschluss
17.00 Uhr: Ende der Veranstaltung