Koschere Melange

Das Blog des Österreichischen Jüdischen Museums - ISSN 2410-6380

Schlagwort: politik

Der Golfkrieg 1991

Aus meinen Memoiren Vor 21 Jahren begann hier der wohl eigenartigste Krieg in der Geschichte des Staates Israel: der Golfkrieg. Dieser, im Westen Zweiter Golfkrieg genannt, bezeichnet den Krieg im…

Aus meinen Memoiren

Vor 21 Jahren begann hier der wohl eigenartigste Krieg in der Geschichte des Staates Israel: der Golfkrieg. Dieser, im Westen Zweiter Golfkrieg genannt, bezeichnet den Krieg im Nahen Osten, der 1990 mit dem Einmarsch des Iraks in Kuwait begann und 1991 durch eine von den USA geführte Koalition beendet wurde. Am 24. Dezember 1990 drohte der irakische Präsident Saddam Hussein, dass Israel das erste Ziel eines Angriffs sein werde, sollten die Koalitionsstreitkäfte angreifen. Soweit ich mich erinnern kann, wurde hier in Israel damit gerechnet, dass er Raketen mit Giftgas hierher schießen könne. Saddam Hussein spielte hier ganz sicher absichtlich psychologisch mit dem jüdischen Trauma vom Giftgas. Seine Drohungen wurden ernst genommen; schließlich hatte er in der Vergangenheit schon Giftgas eingesetzt: gegen den Iran und gegen die Kurden.
Die USA stationierten daraufhin Patriot-Raketen (gegen Raketenangriffe) in Israel und anderen gefährdeten verbündeten Ländern.

Kriegsvorbereitungen in Israel

Angesichts dieser Drohungen musste die israelische Regierung entscheiden, wie sie sich verhalten sollte. Es wurde heftig über einen Vergeltungsschlag auf etwaige Angriffe diskutiert. Die Charedim (Ultra-Orthodoxe) waren eindeutig dagegen.

Die Gojim machen lassen und sich nur ja nicht einmischen, so wie es heißt ‚Gott wird für euch kämpfen, und ihr sollt stillsitzen‘

Exodus 14,14,

verlautete es aus Kreisen von charedischen Rabbinern, darunter von dem auch politisch einflussreichen Raw Schach aus Bnei-Brak. Die Regierung schloss sich dieser Linie an, vor allem auch, weil die Amerikaner Israel sehr darum gebeten hatten, nur ja nichts zu unternehmen: eine Reaktion Israels hätte nur die ohnehin sehr fragile Koalition der USA mit Ägypten und Saudi-Arabien zunichte gemacht.

Armee und Verteidigungsministerium arbeiteten inzwischen an Maßnahmen zum Schutz der Zivilbevölkerung, die ja diesmal den militärischen Schlag abkriegen würde. Es gab nicht genug Bunker für die gesamte Bevölkerung, und schon gar keine, die gegen chemische und biologische Angriffe ausgerüstet waren. Auch gab es damals noch keine betonverstärkten Sicherheits-Zimmer in Wohnungen, wie sie heute gebaut werden (und zwar als Folge des Golfkrieges).

Es wurde daher Folgendes beschlossen:
Als persönliches Verteidigungsmittel erhält jeder israelische Bürger, und auch jeder Tourist, vom Staat eine Gasmaske. Asthmakranke und kleine Kinder erhalten zusätzlich eine batteriebetriebene Luftpumpe dazu, damit sie genug Luft bekommen.
Mit der Maske erhält außerdem jeder eine Atropin-Spritze. Atropin ist ein Gegengift gegen Nervengas.

Gasmaske mit Atropin-Spritze

Wikipedia

Weiters soll jeder Haushalt ein Zimmer bereitstellen, das im Notfall abgedichtet werden kann. Es soll so wenige Fenster und Türen wie möglich haben. Etwaige Scheiben sind mit dicken Plastikfolien als Splitterschutz zu bekleben. Die Spalten aller Zimmeröffnungen müssen, nachdem sich im Falle eines Angriffs alle Anwesenden in das Zimmer begeben haben, mittels eines breiten Klebebandes (manchmal wird übrigens ein solches bis heute als „Kriegs-Klebeband“ bezeichnet) abgedichtet werden – damit kein Giftgas eindringen kann. Aus demselben Grund ist die untere Türspalte mit einem in Chlorbleiche getränkten Tuch abzudichten. (Ein schönes G’rucherl war das!)

Die Verteilung von Masken mit batteriebetriebenen Luftpumpen, von denen es anfangs nur eine beschränkte Anzahl gab, verursachte kuriose Debatten, wie es sie wohl nur in Israel geben kann: Politiker der orthodoxen Partei „Agudat Israel“ ereiferten sich darüber, dass Bartträger keine Gasmasken mit Luftpumpe bekämen, so wie Asthmatiker. Dies sei ein Schlag gegen das torahtreue Judentum, denn religiöse Juden dürften sich ja unter keinen Umständen den Bart abscheren. Dadurch sei ihr Leben bedroht. Einige Rabbiner erklärten zwar, dass die Kahlrasur im Falle von Lebensgefahr nicht nur erlaubt, sondern sogar religiöse Pflicht sei, wie der Oberrabbiner von Ra’anana, Raw Jitzchak Perez, der mit eigenem Beispiel voranging und sich bartlos der Öffentlichkeit präsentierte, doch in weiten Kreisen der Orthodoxen blieb eine solche Haltung extrem unpopulär. Für meinen Mann Schmuel ergab sich ein derartiges Problem nicht, da er als chronisch Asthma-Kranker eine Luftpumpe erhielt. Aber auch die glücklicherweise gesunden Charedim mussten ihr Leben nicht wegen des Barttragens opfern, denn der Staat verschaffte schließlich auch ihnen Pumpen.

Der Krieg beginnt

Am 1. Sch’wat (17. Jänner 1991), dem Tag vor dem Jahrzeittag meines seligen Schwiegervaters, den ich nie kennengelernt habe, begann der Luftangriff der amerikanischen Luftwaffe auf den Irak. Schmuel war in einem Dilemma: das Grab des Vaters auf dem Friedhof in Cholon aufsuchen oder nicht? Die Entscheidung wurde ihm dann schließlich durch den Verlauf der Dinge abgenommen.

Ich habe immer noch die triumphierenden Worte von Ezer Weizmann in den Ohren, damals Knesset-Abgeordneter und seinerzeit der Errichter der israelischen Luftwaffe, dem dieser massive Luftschlag offenbar gewaltig imponierte: „Den Irakern werden die Hände zittern, ehe sie wagen, uns anzugreifen!“ Nun, die Hände der Iraker werden wohl gezittert haben, aber das hielt sie nicht davon ab, einen Tag später ihre Drohungen wahr zu machen.

In der Nacht auf den 2. Sch’wat (18. Jänner) war stürmisches Wetter; über Tel-Aviv und Umgebung tobte ein Gewitter. Da ertönten plötzlich die Sirenen. Auf und ab, auf und ab. Dann krachte es, in einiger Entfernung zwar, aber doch deutlich vernehmbar. Aus dem Radio tönte die Stimme des nachmals legendären Sprechers der israelischen Streitkräfte, Nachman Schai:

Ist es eine Rakete oder ist es Donner? Inzwischen gehen Sie bitte ins ‚abgedichtete‘ Zimmer und legen die Gasmasken an, bis die Sache geklärt ist. Bleiben Sie ruhig und trinken Sie Wasser!

Inzwischen klatschten schwere Regentropfen aufs Dach.
Ich war mir absolut sicher, dass das kein Donner war. So hört sich kein Donner an! Wir eilten also mit den Kindern ins „abgedichtete“ Schlafzimmer. Mein Herz begann zu rasen; Kurzatmigkeit, Schwindelgefühl und Schweißausbrüche folgten. Das war eine Giftgasrakete, das sind die Anzeichen einer Nervengasvergiftung!!! Oder etwa doch nicht? Vielleicht doch nur ein Adrenalinschub mit all den bekannten Begleiterscheinungen? „Man muss prüfen, ob die Pupillen verengt sind!“, schoss es mir durch den Kopf. Aber halt, vielleicht sind sie das bei Aufregung auch? Während mir das alles durch den Kopf schoss, legte ich mir die Gasmaske an und zurrte sie fest. Dazu musste ich natürlich die Brille ablegen, ohne die ich, als stark kurzsichtige Person, nicht viel sehe, und ganz sicher keine verengten Pupillen von Mann und Kindern.

Die Autorin mit Gasmaske

Die Autorin mit aufgesetzter Gasmaske neben dem „Zelt“ fürs Baby. Die grauen Flächen sind die Filter und an der runden Öffnung auf der Vorderseite war innen ein Plastikärmel mit Handschuh befestigt, damit man das Baby versorgen kann.

Bild: Die beiden ältesten Töchter der Autorin. Die Große, Tamar, hat hier eine Gasmaske auf, auf der der Filter aber noch nicht aufgeschraubt ist. Auch sie hätte, wie ihre jüngere Schwester, eine Kapuze bekommen sollen. Allerdings gab es damals nicht genug von diesen und so mussten auch 5jährigen it einer Gasmaske für Kinder vorlieb nehmen.

Gemäß den Anweisungen sollte jeder, der dazu imstande war, zuerst selbst die Maske anlegen und dann erst den Kindern oder Hilflosen. Nachdem ich mir das Ding also aufgesetzt hatte (kurzer Test: alles dicht? Jawohl!), schob ich unseren damals 4 Monate alten Sohn Motti (= Mordechai, so benannt nach meinem oben erwähnten Schwiegervater) in sein Zelt, legte dann der bald 5-jährigen Tami ihre Gasmaske an und schließlich der 2 ½-jährigen Dina ihre speziell für Kinder konstruierte Kapuze mit batteriebetriebener Luftzufuhr. Beispiel für so eine Kapuze. Fertig.

Da fiel mein Blick auf Schmuel. Der saß gerade im Bett und zog sich umständlich die Socken an.
„Was tust du denn?!“, rief ich entsetzt aus. „Warum setzt Du dir nicht die Gasmaske auf?!“ Er warf mir einen konfusen Blick zu und murmelte etwas wie: „Ich habe gehört, dass das Gas auch durch die Ohren in den Körper eindringen kann.“ Diese Antwort – das muss ich gestehen – hat mich sogar in dieser Situation äußerst belustigt und die unerträgliche Spannung etwas gelöst. Was haben wir alle noch später darüber gelacht! Dann hat auch Schmuel schließlich seine Maske aufgesetzt.

Wir hatten inzwischen auch die Eingangstür zum Schlafzimmer mit Plastikplanen und breiten Klebebändern zugeklebt. Dina fragte interessiert, warum wir denn die „Tür in ein Plastiksackerl stecken“, und phantasierte etwas über einen „Gas-Schnuller“. Damit meinte sie wohl die Gasmasken. Ich hatte ihr nämlich erzählt, dass sich innen in der Maske ein Trinkrohr befinde, so etwas „wie ein Schnuller“. Sie selbst trug, wie bereits erwähnt, eine Gas-Kapuze. Ihren heißgeliebten Schnuller hatte sie darunter in ihrem Mund. Als er ihr einmal herausgefallen ist, war es eine ziemliche Prozedur, das Ding durch die Plastikschicht hindurch wieder in ihr Mäulchen zu bugsieren.
Inzwischen hatte sich herausgestellt (wie ich ohnehin schon von Anfang an vermutet hatte), dass der Krach, den wir gehört hatten, tatsächlich von einer Scud-Rakete stammte – und zwar von einer konventionellen.
Ein paar Leute hatten sich in Panik die Atropin-Spritzen injiziert und wurden daraufhin im Spital behandelt. Da die Giftmenge aber nur gering war und sowieso nur als Erste Hilfe gedacht war, so ist dadurch niemandem etwas Ernstes passiert.

Raketenangriff!

Weitere Raketen folgten im Laufe der kommenden Tage (insgesamt wurden 40 Scuds auf Israel abgefeuert). Abwechselnd tönte es dann: „Nachasch Zefa“ (= Vipernschlange; Code zum Betätigen der Sirenen), s.o. Video!,

oder „Scharaw kawed“ (= schwerer Chamsin; Zeichen dafür, dass die Gefahr vorbei ist) aus dem jetzt immer laufenden Radio.

Keine einzige Scud enthielt Giftgas, doch fuhren wir, gemäß den Anweisungen des Verteidigungsministeriums, mit dem Aufsetzen der Gasmasken und dem Abdichten der Räume weiterhin fort. Die nächste Rakete könnte ja doch Giftgas enthalten!

Nachman Schai wurde zum „Beruhiger der Nation“ und provozierte mit seinem mantra-artigen Ratschlag „Wasser trinken!“ viel Spott und Parodien.
In den ersten Tagen des Krieges kam es bei Raketenalarm beinahe zum Zusammenbruch des Stromnetzes, weil man im ganzen Land fast gleichzeitig den Strom in nicht benützten Zimmern abschaltete. Die Elektrizitäts-Gesellschaft bat die Bevölkerung inständig, doch die Lichter brennen zu lassen.
Eine andere Begleiterscheinung der Angriffe waren Plünderungen von Wohnungen. Wegen der Anweisung, die Türen im Alarmfall unverschlossen zu lassen (für die Rettungskräfte), hatten kriminelle Zeitgenossen leichtes Spiel und bedienten sich schamlos am Besitz anderer, während die Hauseigentümer zitternd im „abgedichteten“ Zimmer hockten.

Nicht alle folgten übrigens den Anweisungen: nicht wenige Wagemutige steckten nicht nur den Kopf aus dem Fenster („Raketen schauen“), sondern stiegen sogar aufs Dach, um besser sehen zu können. Einige haben das Schauspiel, das sich ihnen darbot, sogar fotografiert oder gefilmt:



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Mich hätten keine zehn Pferde aufs Dach gebracht. Allerdings kam es mir auch absolut lächerlich und absurd vor, sich gegen Raketen mit Plastikplanen zu schützen …

Die Spannung blieb immer bestehen. Obwohl die ersten paar Raketen alle konventioneller Art waren, war man sich nie sicher, ob das Gas nicht doch noch kommen würde. Gegen die Kurden hatte Saddam ja auch Giftgas eingesetzt – da wird er es gerade gegen Israel unterlassen?
Während der ganzen Kriegstage wurde im Rundfunk kein Wetterbericht gesendet. Man wolle dem Feind keine Informationen über die regionale Wetterlage bieten, hieß es als Begründung. Als ob die israelischen Medien die einzige Informationsquelle dazu wären. Naja.
Die Medien-Berichte über während der Attacken vor Freude tanzende Araber in Israel und den „Gebieten“ („Ja Saddam, ja chabib, udrub udrub Tel-Aviv“ = O Saddam, o Lieber, schlage, schlage Tel-Aviv) versetzten die jüdische Öffentlichkeit in Rage, ja sogar ausgesprochen links Stehende.
Wie in jedem Krieg, so machten auch hier zahlreiche Erzählungen über diverse „Kriegswunder“ die Runde, ganz besonders natürlich in religiösen Kreisen.

Gestörte Schabbat-Ruhe

Freitag Nachmittag, kurz vor Schabbat-Eingang. (An das genaue Datum kann ich mich nicht mehr erinnern.) Die Sirene, die normalerweise den Beginn des Ruhetages anzeigt, ertönte an diesem Tag nicht. Der Sirenenklang könnte die Menschen in unnötige Panik versetzten. Ich drehte unser Transistorradio auf und stellte die sogenannte „Stille Welle“ ein, einen mit Billigung der maßgeblichen Rabbiner eingerichteten besonderen Sendekanal für religiöse Juden am Schabbat. Wie der Name besagt, herrschte auf dieser Frequenz Funkstille, nur im Alarmfall wurden die notwendigen Warnungen und Durchsagen gesendet.
Schmuel zog seinen Schabbat-Kaftan an und setzte den Hut auf. „Schmuel, du wirst doch wohl nicht in die Synagoge gehen?“, meinte ich besorgt. – „Doch, ich gehe. Es passiert eh nichts.“ Und draußen war er. Die Gasmaske nahm er nicht mit. Er trägt nämlich am Schabbat auf der Straße nicht, obwohl es hier einen „Eruw“ gibt. (Die halachische Erklärung dafür verstehe ich auch nicht so recht, bitte einen Rabbiner fragen…)

Da saß ich nun mit den drei kleinen „G’schrapperln“. „Hoffentlich bleibt alles ruhig“, dachte ich etwas nervös und blickte auf die Straße. Es blieb nicht. Plötzlich begannen die Sirenen zu heulen. Oh nein!!! Schnell packte ich die Kinder, verbarrikadierte mich mit ihnen im „Kriegszimmer“ und absolvierte die übliche Gasmasken- und Abdichtungsprozedur, die irgendwie etwas Beruhigendes an sich hatte, weil man sich der Illusion hingeben kann, „etwas zu tun“. Danach sagte ich Tehillim (Psalmen).

Mitten im Geheul war ein Rumsen zu vernehmen – aber weniger deutlich als in der ersten Kriegsnacht. Auch die „Stille Welle“ war mittlerweile zum Leben erwacht, es kamen die üblichen Durchsagen.
Dann waren in einiger Entfernung Sirenen von Einsatzfahrzeugen zu hören, wieder und wieder. Die blieben dann in einiger Entfernung stehen (soweit man das durch bloßes Hören abschätzen kann). Durchsagen aus Lautsprechern schallten durch die dunkle Nacht. Wo ist Schmuel?!
Sodann wurde die Durchsage gesendet, es handle sich wieder um eine konventionelle Scud. Wo genau sie gefallen war, sagte man aber natürlich nicht. Wieder sah ich aus dem Fenster. Ein Igel lief auf der leeren Straße herum. Wo bleibt denn nur mein Mann? Nun, der kam dann auch endlich heim. Ja, auch er hatte die Explosion gehört, anscheinend stärker als ich hier. Er muss also näher dran gewesen sein.

Wie wir später hörten, war die Rakete in Ramat-Gan, unmittelbar an der Grenze zu Bnei-Brak, gefallen und hatte ein Wohnhaus in Schutt und Asche gelegt. Die religiöse Familie, die dort wohnt, war zum Glück nicht zu Hause gewesen. Es hieß, die Leute wollten ursprünglich den Schabbat zu Hause verbringen und hätten auch alle notwendigen Vorbereitungen getroffen. Da hätte plötzlich die Frau darauf gedrängt, zu ihren Eltern nach Bnei-Brak zu gehen, und der Mann hätte sich seufzend gefügt. Nachher muss er sich an Gottes Anweisung an den Erzvater Abraham erinnert haben:

Höre auf alles, was deine Frau sagt!

Genesis 21,12

Obwohl unser Haus vom Ort des Geschehens nur einige hundert Meter entfernt ist, habe ich die Explosion hier nur relativ schwach gehört, weil zwischen dem betroffenen Haus und unserem ein Hügel liegt. Es war allen klar, was die Iraker eigentlich treffen wollten: eine militärische Einrichtung unweit von hier, in Ramat-Gan. Es gab auch noch weitere Versuche, diese zu treffen, weshalb die Stadt Ramat-Gan auch noch einige weitere Raketen abgekriegt hat.
In der näheren Umgebung der Explosion waren alle Fensterscheiben zu Bruch gegangen, so auch im Haus einer Cousine meiner Schwiegermutter, Piri. Die alte Dame hat einen leichten Schock erlitten, ist aber ansonsten unversehrt geblieben. Den Schaden hat der Staat bezahlt, weil er durch eine feindliche Handlung verursacht worden war.

Galgenhumor und ein alt-neuer Hit

Wie unter Juden nicht anders möglich, begannen auch bald verschiedene Witze zu kursieren. [Beispiele?] Im Radio tauchten im Laufe des Krieges neue Lieder auf, darunter auch zahlreiche Spottlieder auf Saddam Hussein. Das bekannteste davon war „Ja Saddam, ja metumtam“, das den folgenden Refrain hatte (leider habe ich keine Aufnahme davon bzw. einen Link dazu):

Ja Saddam teze mischam
Adon Saddam ja metumtam
Teze mischam teze mischam
Se lo Iran-Amerikan teze mischam
Bum bum bum – Bush!

Übersetzung:
Oh Saddam geh raus von dort
Herr Saddam, oh Depp
Geh raus von dort, geh raus von dort
Das ist nicht Iran-American, geh raus von dort

In religiös-jüdischen Kreisen erschienen Cartoons, in denen Saddam mit dem bösen Haman verglichen wurde.
Im Radio war auch besonders oft die alte Schnulze „Sugar Bush I love you so“ zu hören, zu Ehren des damaligen amerikanischen Präsidenten George Bush senior. Bis zu diesem Zeitpunkt war derselbe hierzulande als Israel wenig gewogen empfunden worden. Nun änderte sich die Einschätzung schlagartig: Bush wurde als Schützer Israels gepriesen und das obengenannte Lied zur Lobeshymne für ihn umfunktioniert.



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Alltag in abnormalen Zeiten

In Bnei-Brak wurden, wie bereits erwähnt, in diesem Zeitraum die sonst üblichen Sirenen zur Verkündung des Eingangs des Schabbat nicht betätigt, damit die Leute nur ja nicht unnötig in Panik gerieten. Aus demselben Grund unterblieb nach den ersten paar Alarmen die Betätigung des gleichbleibenden Sirenentons zur Entwarnung.

Manche Leute, vornehmlich Frauen, waren so hysterisch, dass sie nicht einmal piepende Armbanduhren, pfeifende Kinderspielzeuge und alles, was sich nur im Entferntesten wie eine Sirene anhörte, hören wollten. Selbst das Geräusch eines fahrenden Autobusses in gewisser Entfernung erweckte unangenehme Assoziationen.

Andere Leute waren da mutiger (oder dümmer?). Viele unterließen das Anlegen von Gasmasken: einige besonders Religiöse aus Gottvertrauen; einige, weil sie überzeugt waren, dass sie im Ernstfall eh nichts nutzen.
Mit fortschreitendem Krieg – das muss ich hier festhalten – wurde meine Reizschwelle offenbar immer höher. Zum Schluss wachte ich in der Nacht von den Sirenen gar nicht mehr auf und legte auch keine Gasmaske mehr an. Irgendwie stumpft man ab und wird gleichgültig, und das ist in gewisser Beziehung ja auch gut so.
Mit Ausbruch des Krieges blieben alle Erziehungseinrichtungen – Schulen und Kindergärten – zunächst einmal geschlossen. Dann wurde verfügt, dass der Betrieb wieder aufzunehmen sei, nur müsse jedes Kind seine Gasmaske mitbringen (und überhaupt sollte jedermann, der aus dem Haus ging, seine Maske überallhin mitnehmen). Und um den Kindern im Notfall beim Anlegen der Gasmasken zu helfen – was ja bei zwei Kindergärtnerinnen nicht schnell genug geht –, mussten 1 – 2 Mütter als Freiwillige im Kindergarten anwesend sein. Einige Male erfüllte ich selbst diese Aufgabe, weil ich ja damals noch nicht arbeiten ging. Ich begleitete also Tamar, die stolz ihre mit buntem Papier beklebte Schachtel mit der Gasmaske trug; Dina, die damals noch nicht in den Kindergarten ging, kam auch mit (mit ihrer Kapuze), und natürlich auch Motti, dessen Zelt ich ebenfalls mitschleppte. Alle Schachteln mit den Masken der Kinder kamen in eine eigens dafür eingerichtete Ecke, und der gewohnte Kindergarten-Alltag nahm seinen Lauf. Tagsüber hatte es ja bisher keine Angriffe gegeben.

Ein Heidenschreck!

An einem Freitag holte ich Tamar aus dem Kindergarten ab. Dina und Motti waren bei Schmuel zu Hause geblieben. Ich selbst hatte meine Maske nicht dabei. Zusammen mit Tamar ging ich dann Schoschi, eine ältere Dame und Verwandte meiner Schwiegermutter, besuchen. Das Wetter war nicht besonders, es sah aus, als wolle es regnen.
Wir machten es uns auf dem Sofa gemütlich und begannen, wie gewohnt, über dieses und jenes zu plaudern. Da blitzte und krachte es plötzlich so heftig, dass die hölzernen Rollläden beinahe zerbarsten. Im selben Moment begann eine Sirene zu jaulen, mitten hinein in die jäh entstandene Totenstille. Du liebe Güte, war das ein Schreck! Sofort nestelte ich an Tamars Gasmaske herum und setzte sie ihr auf. Was wird jetzt mit mir, was wird aus Schoschi, die überhaupt keine Maske hat? Aber da hieß es im Radio schon: „Es handelt sich um einen Blitzschlag, das ist kein Raketenangriff“. Ich wiederhole: „Das ist kein Raketenangriff!“
Nachher bin ich mit noch leicht zitternden Knien mit meiner kleinen Tochter nach Hause geschlichen.

Das Purimwunder

Und dann war dieser eigenartige Krieg plötzlich zu Ende, passenderweise genau zu Purim. Ich erinnere mich noch an Leute, die jetzt spaßeshalber, quasi als Purim-Verkleidung, mit aufgesetzten Gasmasken herumzogen und lachten. Manche hatten die Masken bemalt oder mit Micky-Maus-Ohren und anderen Accessoires verziert.
Nach israelischen Angaben betrugen die Verluste unter der Bevölkerung insgesamt 74 Zivilisten. Davon starben zwei Personen direkt, vier indirekt durch Erstickung aufgrund von Gasmasken und die Restlichen durch Herzinfarkte.

Jetzt zählen wir das Jahr 2012 und wieder wehen im Nahen Osten Kriegswinde. Man hat hier auch wieder Gasmasken an die Bevölkerung verteilt. Ich habe sie inzwischen in der Rumpelkammer verstaut und hoffe stark, dass sie auch in Hinkunft dort verbleiben. Amen!


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Kopf der Woche – Bruno Kreisky

Kreisky-Büste im Bruno-Kreisky-Park in Wien V Wer könnte sich dieser Tage besser dazu eignen, unsere neue (und hiermit eingeläutete) „Kopf der Woche“-Reihe zu eröffnen als er: Bruno Kreisky, österreichischer Langzeit-Kanzler…

Kreisky-Büste im Bruno-Kreisky-Park in Wien V


Wer könnte sich dieser Tage besser dazu eignen, unsere neue (und hiermit eingeläutete) „Kopf der Woche“-Reihe zu eröffnen als er: Bruno Kreisky, österreichischer Langzeit-Kanzler und 100er-Jubilar.

Kreisky, heute irgendwo zwischen überlebensgroßem Kanzler-Ideal und ultimativem Politik-Reibebaum angesiedelt, wurde am 22. Jänner 1911 als zweitältester Sohn einer Wiener jüdischen Familie geboren.

Kreiskys Stellungnahmen zu dieser seiner „jüdischen Herkunft“ fallen freilich – wenn er auch nachdrücklich versicherte, er versuche keineswegs,

mich meines Judentums zu entledigen

Bruno Kreisky: Zwischen den Zeiten. Der Memoiren erster Teil. Wien/München: Kremayr & Scheriau 2000. S. 86

– nicht selten eigenartig schillernd aus (nicht zu reden von Kreiskys kritischer Einstellung zum Zionismus und dem Konflikt mit Simon Wiesenthal).

Beispiel gefällig?

Was ist nun von meiner Beziehung zum Judentum übriggeblieben? Primär ein wichtiges Gefühl, nämlich dass man seine Herkunft nicht verleugnen soll, besonders dann nicht, wenn man aus einer Gemeinschaft stammt, die von anderen als inferior betrachtet wird oder derentwillen man in irgendeiner Weise Unannehmlichkeiten ausgesetzt sein könnte. Man soll also so wenig sein Judentum verleugnen, wie man etwa in Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg sein Deutschtum verleugnen sollte, oder wie man etwa leugnen sollte, katholisch zu sein in Ländern, in denen der Katholizismus Verfolgungen ausgesetzt ist, so wie man sich auch nicht scheuen sollte, einzuräumen, dass man der Sohn oder die Tochter einer Prostituierten ist, auch das dürfte kein Grund sein, sich zu schämen … So ist für mich der Umstand, dass ich aus dem Judentum komme, keineswegs mit einer Empfindung der Deklassierung gegenüber meinen christlichen Mitbürgern verbunden … Ich habe allerdings außer diesem Gefühl, dass man sich von seiner eigenen Herkunft nicht dispensieren kann, darf und soll, kein besonderes Zusammengehörigkeitsgefühl.

Bruno Kreisky: Der Mensch im Mittelpunkt. Der Memoiren dritter Teil. Wien/München: Kremayr & Scheriau 2000. S. 192

Kleines PS in eigener Sache: Unsere Serie „Bild der Woche“ wird selbstverständlich fortgeführt, nur eben ergänzt um die Kategorien „Kopf der Woche“ und (Web- bzw. Veranstaltungs-)“Tipp der Woche“, die sich in Zukunft in loser Folge abwechseln werden.



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Der Reichsrats-Rabbiner

R. Simon Sofer (Schreiber; שמעון סופר) Rabbiner von Mattersdorf 1842-1857 Rabbiner in Krakau Abgeordneter im österreichischen Reichsrat Vor dem Kaiser Kampf gegen Reformen im Judentum Tod Werke Kinder Literatur Zeitungsmeldungen…

R. Simon Sofer (Schreiber; שמעון סופר)


Rabbiner von Mattersdorf 1842-1857

Geboren Ende 1820 bzw. Anfang 1821 als zweiter Sohn des R. Moses Sofer (Chatam Sofer) in Pressburg. Beschnitten am 14. Jänner 1821 (11. Schwat 5581) von seinem Vater. Sein älterer Bruder R. Abraham Samuel Benjamin (Wolf) wurde nach dem Tode des Chatam Sofer zum Rabbiner von Pressburg ernannt.

Der kleine Simon war ein begabtes, frühreifes Kind. Schon als Kleinkind nahm ihn sein Vater zu seinen öffentlichen Toravorträgen, die er an jedem Donnerstag abhielt, mit. Mit neun Jahren soll er bereits eigene Ideen entwickelt haben. Mit 13 Jahren, anlässlich seiner Bar Mitzwa-Feier, verlieh ihm sein Vater den Titel ›Chawer‹; er galt somit als Toragelehrter. Zu diesem Zeitpunkt studierte er bereits an der berühmten Jeschiwa seines Vaters. Seine Ideen und Erkenntnisse pflegte er zu Papier zu bringen, wobei er von seinem Vater angeleitet wurde.

Diese Hochbegabung und geistige Anstrengung scheint von dem jungen Mann ihren Preis gefordert zu haben. Obwohl seiner Veranlagung nach eigentlich eine Frohnatur, sei er als junger Mann von Depressionen befallen worden, berichtet uns sein Sohn im Vorwort zum Werk › Michtaw Sofer‹. R. Simon habe die Gesellschaft von anderen Menschen gemieden und häufig geweint. Sein Vater und Meister habe das jedoch bemerkt, ihn zu einem Gespräch unter vier Augen in sein Privatzimmer bestellt und ihm befohlen, ihm längere Zeit in die Augen zu schauen. Er habe sodann eine große Freude verspürt, die auch weiterhin angehalten habe.

Im Alter von 16 Jahren verehelichte sich R. Simon mit Miriam, der Tochter des angesehenen und gelehrten Kaufmanns R. Dow Ber Sternberg aus Nagykaroly (Carei Mare, Rumänien) und wohnte danach bei seinem Vater in Pressburg. Von seinem wohlhabenden Schwiegervater hatte er zahlreiche prächtige Hochzeitsgeschenke bekommen ‒ darunter silberne Becher und Löffel. Kam nun ein verarmter ehemaliger Mitschüler oder sonst ein Bedürftiger zu ihm, so veranlasste ihn sein gutmütiges Wesen, der jeweiligen Person ein oder zwei Löffel zu schenken. Das ging so lange, bis eines Tages seine Frau dahinterkam, dass der schöne Hochzeitsschatz verschwunden war. R. Simon beschwörte seine Frau: »Nur keine Verdächtigungen!« ‒ er kannte ja den ›Dieb‹! Der Chatam Sofer lächelte nur, als er die Klagen seiner Schwiegertochter hörte, und entschied, dass der Schlüssel zum Silberschrank in Hinkunft bei ihr zu verbleiben habe.

Auf Betreiben seines Vaters begann R. Simon nach seiner Verheiratung mit dem Studium der Kabbala, worin er durch einen Schüler seines Vaters, R. Nathan Wolf Lieber (später Dajjan in Pressburg), angeleitet wurde. Diesen Studien blieb er auch in späteren Jahren treu.

Im Jahre 1839, nach dem Tode seines Vaters, übersiedelte die kleine Familie ‒ dem Paar war mittlerweile sein erstes Kind geboren worden ‒ zu den Schwiegereltern nach Nagykaroly.

Im Jahre 1842, im Alter von nur 22 Jahren, wurde R. Simon zum Rabbiner der Mattersdorfer Gemeinde ernannt. Bereits sein Vater war Rabbiner in dieser Gemeinde gewesen, bevor er nach Pressburg kam. Sein besonderes Augenmerk richtete R. Simon auf die Lehrtätigkeit und die Vergrößerung der Jeschiwa sowie auf die Jugenderziehung. Darin ähnelte er seinem Vater, wie er überhaupt dem Chatam Sofer in jeder Beziehung nachzueifern suchte.

Noch vor seiner Ankunft in der Gemeinde hatte er sich schriftlich bei der Mattersdorfer Gemeinde über die Möglichkeit zur Unterhaltung einer größeren Jeschiwa erkundigt. Als er dann schließlich in Mattersdorf ankam, ließ er alle seine Forderungen bezüglich der Jeschiwa in seinem Bestellungsschreiben festlegen. In § 10 steht:

Um der Forderung unseres Rabbiners nach der Unterhaltung der Jeschiwa-Studenten nachzukommen, verpflichten wir uns, zwölf Jünglinge zu verpflegen. Sie sollen ihre tägliche Mahlzeit sowie ihr Sabbathmahl erhalten. Falls es mehr Burschen werden sollten, dann möge sich der Rabbiner aus diesen nach seinem Gutdünken zwölf auswählen.

Die Unterrichtsmethode war jener an der Pressburger Jeschiwa identisch.

Es wird R. Simon nachgerühmt, dass er sich auch mit dem kleinsten Kind vorzüglich zu verständigen wusste. Hier ist auch zu erwähnen, dass er den Sohn des früh verstorbenen Dajjans R. Joel Fellner, R. Schimon Chajim, später Dajjan in Deutschkreutz und Rabbiner in Beled (Ungarn), wie einen eigenen Sohn aufzog.

Im August 1852 kam Dr. Marcus (מאיר) Lehmann, der nachmalige Rabbiner der orthodoxen Israelitischen Religionsgesellschaft von Mainz, nach einem Besuch seines Lehrers Rabbiner Dr. Esriel (עזריאל) Hildesheimer (damals noch in Eisenstadt, später in Berlin) in Mattersdorf an. Über sein Zusammentreffen mit R. Simon schreibt er:

Abends 8 Uhr kam ich daselbst an und suchte sofort den dortigen Oberrabbiner Simon Schreiber auf. Sowohl er wie seine Frau Gemahlin empfingen mich auf’s Freundlichste und ließen mich nicht fort, bis die Uhr die Mitternachtsstunde verkündete. Diese wenigen Stunden sind mir unvergesslich geblieben. Oberrabiner Schreiber, einer der schönsten Männer, die ich gesehen habe – er zählte damals 32 Jahre – überschüttete mich förmlich mit wundervollen Erklärungen schwieriger Talmud-, Midrasch- und Bibelstellen, darunter Vieles von seinem großen Vater, dem Oberrabbiner von Pressburg, Rabbi Moscheh Sopher (Schreiber).

Israelit 27/28 (1885), Belletristische Beilage, S. 461.

Lehmann berichtet dann über den Ernst, mit dem R. Simon für die Erhaltung der jüdischen Lehre in Mattersdorf wirkte. In der einigen hundert Familien zählenden orthodoxen Gemeinde hatte eine Gemeindemitglied eine auswärtige Frau geheiratet, die – entgegen der jüdischen Sitte – nach der Hochzeit ihr Haar nicht bedeckte. Als R. Simon dies vernahm, bestellte er die Vorsteher der Gemeinde zu sich und machte ihnen klar, er werde sein Amt niederlegen, falls dieser Übertretung kein Ende gesetzt werde. Die Vorsteher, die den Rabbiner unbedingt behalten wollten, bemühten sich die junge Frau zum Bedecken des Haares zu überzeugen. Da diese sich jedoch starrsinnig weigerte, veranlassten sie das Ehepaar, seinen Wohnsitz in einen anderen Ort zu verlegen.

Nach einigen Quellen soll R. Simon im Jahre 1857 zum Rabbiner von Papa (Ungarn) gewählt worden sein. Er war aber in dieser Stadt nie tätig. [Von 1854 bis 1859 war der Rabbiner von Papa übrigens R. Samuel Sommer, der Vater des in Mattersdorf beerdigten Pinchas Sommer.]

Rabbiner in Krakau

1858 kamen Boten der großen und berühmten Gemeinde Krakau und trugen R. Simon den schon lange Zeit verwaisten Rabbinerssitz in ihrer Stadt an. Dieser weigerte sich zunächst. Zu groß erschien ihm die Verantwortung. Erst die Zurede des berühmten ›Zanser Rebben‹ R. Chaim Halberstamm (aus dem galizischen Neu-Sandec = Nowy Sacz, Polen) veranlasste ihn zur Annahme. Am Donnerstag, den 14. März 1861 traf R. Simon an seiner neuen Wirkungsstätte ein:

An der Eisenbahnstation Schubin (Szubin, Polen), einige Stunden von Krakau, wurde derselbe bereits vom Cultusvorstande und einigen hundert Gemeindemitgliedern empfangen. Am Bahnhofe in Krakau war die gesammte Gemeinde, mehr als 10.000 Personen, anwesend, und auch Deputationen der übrigen Confessionen. Jung und Alt begrüßte mit lautem Jubelrufe den hochverehrten Oberrabbiner und der Zudrang zu seiner Person war so groß, daß Militär und Polizei Spalier bilden musste, um ihn und seinem Gefolge die Erreichung der großen Synagoge zu ermöglichen; nichts destoweniger währte der Zug volle drei Stunden. In der Synagoge hielt Herr S. sofort die geistvolle Antrittsrede, durch die der allgemeine Enthusiasmus nicht wenig gesteigert wurde. – Abends war die Judenstadt illuminiert.

Israelit 13/14 (1861), S. 165.

Abgeordneter im österreichischen Reichsrat

1879 wurde R. Simon Sofer im ostgalizischen Wahlkreis Kolomea-Buczacz-Sniatyn in den Reichsrat gewählt. Er war ein Kompromisskandidat der nationalpolnischen Partei, da diese ihren ursprünglichen Kandidaten nicht hatte durchbringen können. R. Simon hatte den Polen seine Unterstützung versprechen müssen. Der überaus einflussreiche ›Belser Rebbe‹, einer der wichtigsten chassidischen Führer, hatte sich tatkräftig für die Kandidatur eingesetzt. Als sich im Lande die Nachricht verbreitete, daß der Krakauer Rabbiner zum Abgeordneten gewählt worden sei und nach Wien ins Parlament des Kaisers fahren werde, da tanzten die Juden auf der Straße. Die Feste, die damals selbst im kleinsten jüdischen Dorf gefeiert wurden, sollen tagelang gedauert haben.

R. Simon muss im Reichsrat einen recht kuriosen Eindruck gemacht haben, wie er da so auf der äußersten Rechten mitten unter den Polen saß: ein recht korpulenter Mann in einem langen Kaftan aus schwarzer, schimmernder Seide, das Haupt bedeckt mit einer hohen Samtkappe, mit wallendem graumeliertem Vollbart und den langen Schläfenlocken (Pe’ot oder jidd. Pejes) der Ostjuden.

R. Simon Schreiber

R. Simon Schreiber, Quelle: https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Simon_Schreiber.jpg



Höchst ungewöhnlich war auch sein Auftreten. Im Parlament erschien er gewöhnlich in Begleitung einer Schar junger Leute, welche bis zum Schluss der Sitzung auf der Galerie oder in der Vorhalle des Hauses auf den Meister wartete und ihn dann wieder nach Haus geleitete. Wenn die Sitzung lange dauerte, so dass die Zeit für das Mincha-Gebet (Nachmittagsgebet) kam, verließ der Rabbiner seinen Sitz und begab sich in ein kleines Nebenzimmer des Parlamentsgebäudes, wohin auch die Jünger-Schar eilte. Es wurde also das Minchagebet mit Minjan (die für das Gebet mindest erforderlichen zehn Männer) verrichtet. Sodann nahm R. Simon wieder seinen Sitz im Parlament ein, um bei der Abstimmung zugegen sein zu können.

Im Reichsrat stimmte der Krakauer Rabbiner stets mit den Polen, ergriff aber kein einziges Mal das Wort. Auch an den Beratungen des ›Polenklubs‹ nahm er nicht teil, weil er der polnischen Sprache nicht mächtig war. Seine Gegner schmähten in als einen weltfremden Mann, seine Anhänger betonten jedoch die Wichtigkeit der Anwesenheit des Rabbiners im Reichsrat für die Juden: judenfeindliche Anträge würden von den Polen nicht zur Abstimmung zugelassen, weil sie fürchteten, R. Simon werde dann nicht mehr für sie stimmen.

Im Reichsrat, dem damals auch der Antisemitenführer Georg von Schönerer angehörte, zirkulierte ein Witz, der nebenbei auch seine politische Spitze hatte: Beim Namensaufruf kam stets ‒ trotz des Alphabets ‒ Schreiber vor Schönerer. So hieß es einmal auch:

Herr Abgeordneter Schreiber« ‒ »Hier!« ‒ »Herr Abgeordneter Schönerer« ‒ »Fehlt!« ‒ »Kunststück, es ist kaner ›schönerer‹ nach dem Schreiber…


Vor dem Kaiser

Im Jahre 1876 hatte R. Simon seine erste Audienz beim Kaiser. Über den Verlauf lesen wir im ›Israelit‹:

Nachdem vom Oberrabb. der übliche Segen gesprochen wurde, sagte Se. Majestät: ›Es freut mich, eine solche ehrwürdige Person in meiner Burg zu empfangen‹. Der Herr Oberrabbiner, der an einem Herzübel leidet, war sehr ergriffen und bewegt, da diese Audienz seine erste war. In diesem Zustand der Aufregung entfiel ihm das Majestätsgesuch aus den Händen. Der Kaiser bückte sich sofort, nahm das Gesuch und übergab es dem Herrn Oberrabbiner mit der Bemerkung: “Sie haben etwas fallen lassen”, eine kaiserliche Herablassung, die wohl im Leben selten vorkommt. Als nun der Herr Oberrabbiner schließlich seine ehrfurchtsvolle Bitte wegen der Begnadigung des Kreisrabbiners Halberstamm wiederholte, erwiederte Se. Majestät: ›Reisen Sie ruig nach Hause und erwarten Sie das Beste.‹

Israelit 14/15 (1876), S. 333f.

In einem Brief an einen seiner Söhne schrieb R. Simon später:

Als ich vor dem Kaiser stand, war meine Furcht vor ihm so groß, daß ich es nicht verspürte, als das Papier meiner Hand entglitt. Und dabei war ich doch nur vor dem König. Wie groß müßte erst unsere Furcht vor dem König der Könige [= Gott] sein…

Am 3. September 1880 stand R. Simon beim Empfang des Kaisers in Krakau an der Spitze der jüdischen Delegation. Diesmal war er offensichtlich schon abgebrühter und weniger nervös:

An der Spitze derselben [der versammelten jüdischen Bewohner] standen die Vorsteher der Gemeinde und unser berühmter Oberrabbiner, der Reichsratsabgeordnete Herr Simon Schreiber נ“י, in polnisch-jüdischer Nationaltracht, mit Zobelmützen auf ihren Häuptern, die heiligen, reichverzierten Thorarollen in ihren Armen haltend. Am Nachmittage hatten der Oberrabbiner und die Vorsteher das Glück, in feierlicher Audienz vom Kaiser empfangen zu werden. Der Oberrabbiner erbat die Erlaubniß, sein Haupt bedecken zu dürfen, um den üblichen Segensspruch in hebräischer Sprache sprechen zu können. Se. Maj. gewährte diese Erlaubniß auf’s Gnädigste, worauf der Rabbiner und die Vorsteher ihre Häupter bedeckten und mit lauter Stimme den hebräischen Segenesspruch aussprachen. Hierauf brachte der Rabbiner dem geliebten Monarchen die Wünsche seiner Gemeinde in deutscher Sprache dar, indem er sprach: ›Es ist unser tägliches Gebet, daß der allgütige Gott Eurer Majestät Gesundheit und langes Leben verleihen möge, damit sämmtliche Völker Österreichs noch eine lange Reihe von Jahren das Glück haben mögen, unter Euer Majestät glorreicher Regierung sich des Friedens und des Wohlwollens zu erfreuen‹. … Zu dem Oberrabbiner sagte der Kaiser: ›Sie sind Rabbiner in Krakau; Sie sind auch Mitglied des Reichsrates und stimmen mit den Conservativen.‹

Israelit 39 (1880), S. 941-943.

Kampf gegen Reformen im Judentum

Ähnlich wie in den Nachbarländern Deutschland und Ungarn war im 19. Jahrhundert auch in Galizien ein heftiger Streit in Bezug auf jüdisch-religiöse Angelegenheiten entbrannt. 1808 hatte sich unter fortschrittlich gesinnten Juden der Verein ›Schomer Israel‹ gebildet, der eine Reformierung in der Verwaltung der größeren Gemeinden im Lande anstrebte. Die Vorschläge und Ideen riefen unter den Orthodoxen Widerstand hervor, da dadurch an altüberkommenen Bräuchen und Gepflogenheiten gerüttelt wurde. Im Juni 1878 berief der ›Schomer Israel‹ zwecks Beratungen zur Verwirklichung seiner Zeile einen galizisch-jüdischen Gemeindetag nach Lemberg (Lviv, Ukraine) ein. Einen solchen Plan empfanden die chassidischen und alt-orthodoxen Rabbiner als einen Stoß ins Herz. Es begann sich Widerstand zu formieren. An der Spitze der Orthodoxen stand der Krakauer Rabbiner R. Simon Sofer.

R. Simon zählte zu den Gründern der Vereinigung gesetzestreuer Juden ›Machsike Hadas‹ (מחזיקי הדת), die sich u.a. die Einflussnahme des orthodoxen Judentums auf die Politik sowie die Entsendung orthodoxer Persönlichkeiten in den Reichsrat zum Ziel gesetzt hatte R. Simon gab unter dem gleichen Namen auch eine hebräische Wochenschrift heraus, die sich bis 1914 hielt. [Einige Nummern finden sich bei HewbrewBooks online] Im Jahre 1878 war die von ihm geführte Bewegung bereits derart angewachsen, dass in Lemberg eine große Konferenz der gesetztreuen galizischen Juden gegen alle Reformbestrebungen abgehalten werden konnte. Neben Chassidim und Mitnagdim (nichtchassidische Orthodoxe), chassidischen Rebbes und Gelehrten beteiligten sich daran auch Abgesandte aus orthodoxen Gemeinden in Österreich, insbesondere aus Böhmen und Mähren. Rabbi Simon selbst führte den Vorsitz.

Es ist kein Wunder, dass der rührige Krakauer Rabbiner sich alsbald den Zorn der ›Forschrittspartei‹ zuzog. Im Jahre 1880 schreibt die Berliner ›Jüdische Presse‹, ein orthodoxes Blatt, der Lemberger ›Israelit‹ befleißige sich »einer Hetzerei gegen den Oberrabbiner Schreiber von Krakau, welche einen sehr unangenehmen Eindruck macht.«

Zur Stärkung der konservativen Kräfte nahm R. Simon Verbindung mit chassidischen Rabbinern auf. 1881 nahm er an einer vom Kultusministerium einberufenen vertraulichen Enquete österreichischer Juden zur Vorberatung eines die Rechtsverhältnisse der jüdischen Konfession regelnden Gesetzes teil. Als Reichsratsabgeordneter wollte er einen Antrag auf Trennung der Orthodoxen von der Gesamtjudenheit des Landes stellen (ähnlich wie Ungarn und Deutschland), doch wurde ein solcher nicht zugelassen.

Eine weitere Versammlung der ›Machsike Hadas‹ wurde auf den 15. Februar 1882 nach Lemberg einberufen, auf der etwa 200 Rabbiner und chassidische Rebbes sowie an die 800 Gemeindevertreter aus Galizien und der Bukowina erschienen. R. Simon legte einen Statutenentwurf für die Gemeinden vor, der nicht von allen gutgeheißen wurde. Nach tumultösen Verhandlungen wurde von den orthodoxen Rabbinern ein Sendschreiben mit Vorschriften bezüglich von jüdischen Gemeinde- und Abgeordnetenwahlen erlassen. Das erklärte Ziel war es, das jüdische Gemeindeleben gemäß den Vorschriften des rabbinischen Gesetzeskodex ›Schulchan Aruch‹ zu gestalten. Die liberal gesinnten Juden wandten sich an die galizische Oberstaatsanwaltschaft mit der Klage, das erwähnte Sendschreiben verhindere die freie Ausübung staatsbürgerlicher Rechte. Außerdem hätten die Rabbiner mit der Verhängung des rabbinischen Bannes (חרם) gedroht, eine Maßnahme, die im Habsburgerreich schon seit langem gesetzlich verboten war. Der Lemberger Staatsanwalt erhielt daraufhin im März 1883 die Anweisung, eine Vorerhebung und eventuell später eine strafgerichtliche Untersuchung wegen Erpressung gegen R. Simon einzuleiten. Die Ermittlungen wurden später eingestellt.

Der Fall erregte in Österreich und Deutschland seinerzeit großes Aufsehen. Ein angeblicher ›Hirtenbrief‹ R. Simons tauchte auf, der auch in der ›Neuen Freien Presse‹ vom 23. März 1883 abgedruckt ist. Dementis folgten: Des Rabbiners Söhne behaupteten, ihr Vater habe niemals einen solchen Bann ausgesprochen; die Behauptung beruhe auf einem Missverständnis des hebräischen Blattes ›Machsike Hadas‹. Und der ›Hirtenbrief‹ sei eine plumpe Fälschung.


Tod

R. Simon verstarb plötzlich am 25. März 1883 (17. Adar II 5683). War ihm die Aufregung um seine Person zu viel geworden? Jedenfalls ist bekannt, dass er schon jahrelang an einer Herzkrankheit gelitten hatte. Besonders der gefälschte ›Hirtenbrief‹ soll ihn äußerst erregt haben. Einige Tage vor seinem Tode soll ihm sein Vater, der Chatam Sofer, im Traum erschienen sein und ihm sein baldiges Ableben verkündigt haben. Ein in mehreren Zeitungen veröffentlichtes Telegramm aus Krakau berichtet über die Todesumstände:

Rabbiner Schreiber fühlte sich seit gestern etwas unwohl. Heute Mittags sprach er noch mit mehreren Personen, welche ihn besucht hatten, über verschiedene Angelegenheiten; um 5 Uhr Nachmittags wurde er plötzlich ohnmächtig, und nach kurzer Agonie trat der Tod ein, wahrscheinlich in Folge eines Herzschlages.

Neue Freie Presse 6673 (27.3.1883), S. 2; Jüdische Presse (Berlin) 13 (1883), S. 141.

R. Simons Begräbnis gestaltete sich zu einer Massenveranstaltung. Sogleich nach des Rabbiners Ableben telegrafierte der Krakauer Kultusvorstand die traurige Nachricht an verschiedene Rabbiner. Der berühmte und hochangesehene Rabbiner von Przemysl (Peremyshl, Ukraine), R. Jizchak Schmelkes, traf daraufhin als prominentester Trauergast am Dienstag früh in Krakau ein.

Am Leichenzuge, der um 3 Uhr Nachmittags begann, betheiligte sich die ganze hiesige israel. Einwohnerschaft, מנער ועד זקן (Jung und Alt), auch viele von den nahe gelegenen israel. Gemeinden, zu deren Ohren die erschütternde Botschaft gedrungen war. Die Straßen von der Wohnung des Rabbiners bis zum Friedhofe waren schon vor Beginn des Zuges so sehr von Menschen angefüllt, daß Alles dicht gedrängt stand. Auch der hiesige Bürgermeister Dr. Weigl begleitete den Zug, welcher vor der alten Synagoge hielt, wo der allgemein beliebte, verehrte Schwiegersohn des Verblichenen הרב ר“ עקיבא (R. Akiva) Kopeneer [sic!, muss heißen: Kornitzer] seinem Schwiegervater die Nachrede hielt. Redner vermochte kaum seiner Regung Herr zu werden, und konnte nur durch tiefes Schluchzen seinem Schmerze Luft machen, worin natürlich alle Begleitenden weinend einstimmten. Da bei der Familie Schreiber der Brauch vorherrscht, nur von eigenen Kindern Grabreden abhalten zu lassen, konnte der Przemysler Rabbiner erst, nachdem der Verblichene zur ewigen Ruhe gebracht, zum Worte kommen.

Israelit 28 (5.4.1883), S. 481-482.

Und im Reichsrat hielt der Präsident in der Sitzung vom 5. April 1883 R. Simon die folgende Nachrede:

Ich habe dem hohen Hause noch eine andere Trauerbotschaft zu verkünden. Während der Unterbrechung unserer Sitzungen ist unser College. Herr Abg. Simon Schreiber, Ober-Rabbiner in Krakau, einem Schlaganfalle erlegen. Wenn es dem Verstorbenen nicht gegünnt war, den Berathungen des hohen Hauses in dem Maße nachzukommen, wie er es sicherlich gewünscht hat, so ist es auf seine seit mehreren Jahren bereits beseutend untergraben gewesende Gesundheit zurückzuführen; sicher ist, daß der Verstorbene im Grunde seiner gesellschaftlichen und seiner Berufsstellung sich bei dem weitaus größeren Theile seiner Glaubensgenossen in Galizien eines sehr hohen Ansehens und eines sehr bedeutenden Einflusses erfreute. Selbstverständlich kann es auch nicht meine Aufgabe sein, und ich fühle auch nicht den Beruf unhd das Geschick dazu, sein Wirken in seiner Berufsstellung einer Kritik zu unterziehen. Doch der persönliche Verkehr mit ihm hat mir die gewissenhafte Überzeugung verschafft, daß nicht persönliche Motive, nicht selbstsüchtige Zwecke, sondern tiefinnerste religiöse Öberzeugung diesem seinem Wirken in seiner Berufsstellung zu Grunde lag und es ist dies ein Moment, welches auf Achtung Anspruch hat, und deßhalb begleite ich auch sein Hinscheiden mit inniger Betrübniß. Ich nehme an, daß auch das hohe Haus, indem es sich während dieser meiner Ansprache bereits erhoben hat, ihm ein ehrendes Andenken bewahren wird, und daß es zustimmen wird, daß diese Anerkennung des hohen Hauses im Protocolle der heutigen Sitzung verzeichnet werde.

Israelit 30 (12.4.1883), S. 506-507.


Werke

›Michtaw Sofer‹, 2 Bde., 1952-1955 (Responsen und Predigten)

Kinder

  • R. Akiva (Jakob; 1839 – 1902); Kaufmann in Papa (Ungarn)
  • Moses (1844; s. Grunwald, Nr. 16, S. 497)
  • Moses (st. 1845; s. Grunwald, Nr. 17, S. 497) (beide Kinder ›Moses‹ sind am jüdischen Friedhof von Mattersdorf begraben)
  • R. Israel David Simcha Bunem (Bernhard; 1846 – 1899), Realitätenbesitzer in Warschau
  • R. Joel (1847 – ?), Realitätenbesitzer in Kutna (Kutno, Polen)
  • R. Salomon Alexander (1856 – 1924), Inhaber eines Wechselhauses in Seret in der Bukowina (Siret, Rumänien)
  • R. Ascher (1851 – 1903) in Berdiczow (Berdycziw, Ukraine)
  • Schulamit (st. 1932), Gattin des R. Meir Ascher Roth in Hundsdorf (Huncovce, Slowakei)
  • Reisel (st. 1913), Gattin des R. Akiva Kornitzer in Krakau


Literatur

  • ÖBL, Bd. 11, S. 198
  • Max Grunwald, ›Mattersdorf‹, Jahrbuch für jüdische Volkskunde 1924/25, S. 437, 497
  • Kinstlicher, משה אלכסנדר זושא קינסטליכר, ה’חתם סופר‘ ותלמידיו, בני-ברק: מכון ‚זכרון‘, תשס“ה, S. 456-462
  • Shlomo Spitzer, ›Geschichte der Jeschivot im Burgenland‹, Beiträge zur Geschichte der Juden im Burgenland, Ramat-Gan 1994, S. 50-51


Zeitungsmeldungen

  • Berufung nach Krakau: Israelit 5 (1860), S. 55-57; 9 (1861), S. 111; 13/14 (1861), S. 165-166
  • Verfrühte Berichte, er sei zum Leiter eines Rabbinerseminars ernannt worden: Israelit 43 (1861), S. 517
  • Erklärung gegen Eheschließungen durch religiös unzuverlässige Rabbiner: Israelit 22 (1870), S. 405-406
  • Die Gemeinde von Balassagyarmat will ihn zum Rabb. ernennen: Israelit 22 (1878), S. 531
  • Wahl zum Reichsratsabgeordneten: Neue Freie Presse 5335 Abendausgabe (4.7.1879), S. 2; ibid. 5356 (5.7.1879), S. 3; 5357 ibid. (6.7.1879), S. 3; ibid. 533 (8.7.1879), S. 3; Jüdische Presse (Berlin) 28 (1879), S. 313 [s. Anm.]; Israelit 29 (1879), S. 770
  • Hetze gegen ihn: Jüdische Presse (Berlin) 17 (1880), S. 193; 33 (1880), S. 374; 35 (1880), S. 398
  • Vor dem Kaiser in Krakau: Israelit 39 (1880), S. 941-943
  • Minjan im Reichstag: Israelit 52 (1880), S. 1270; Jüdische Presse (Berlin) 53 (1880), S. 618
  • Hechscher: Israelit 4 (1881), S. 90. Antrag auf Trennung: Jüdische Presse (Berlin) 14 (1881), S. 151
  • Wirksamkeit im Reichsrat: Jüdische Presse (Berlin) 44 (1881), S. 471, 479; 9 (1882), S. 88-89; 26 (1882), S. 185
  • Tod: Jüdische Presse (Berlin) 13 (1883), S. 141; 14, S. 149-151; Neue Freie Presse 6673 (27.3.1883), S. 1-2; Jeschurun (Hannover) 14 (April 1883), S. 214-215
  • Erhebungen der galizischen Staatsanwaltschaft: Neue Freie Presse 6673 (27.3.1883), S. 1, 3; Jüdische Presse (Berlin) 14 (1883), S. 151-152; 15, S. 169-170; 37 (1883). S. 437
  • Nachrufe: Jüdische Presse (Berlin) 23 (1883), S. 243, 245; 26 (1883), S. 286
  • Reminiszenzen: Israelit 27/28 (1885), Belletristische Beilage, S. 461-462; Menorah 11 (1925), S. 229-231


Schlussbemerkung

Die Gemeinde Mattersdorf wollte das Rabbinat bald nach R. Simon Sofers Abgang wieder besetzen. R. Esriel Hildesheimer, damals Rabbiner von Eisenstadt, suchte einen der ungarischen Sprache mächtigen Kandidaten, um durch denselben das Interesse der Neoorthodoxie beim Komitat vertreten zu lassen. (Ben Chananja 20 (1861), S. 180.) Alle Versuche, einen würdigen Nachfolger zu finden, blieben jedoch erfolglos, und so versah der Dajjan R. Aron Singer die Agenden eines Rabbiners bis zu seinem Tod im Jahre 1868.

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